Mama, bist du da? 8.8.2018

Sylter Rundschau – Sylter Nachrichten –
Eltern konzentrieren sich häufig mehr auf ihr Smartphone als auf ihre Kinder / Neue Plakataktion auf Sylt
Wiebke Stitz
Sylt
Wohl kaum jemand würde sich freiwillig als „Handymama“ oder „Handypapa“ bezeichnen. Und doch spielen sich vor Kindergärten und Kindertagesstätten auch auf Sylt täglich die gleichen Szenen ab: Während Eltern ihr Kind verabschieden oder wieder abholen, schielen sie mit einem Auge auf ihr Smartphone: Gibt es eine neue WhatsApp? Was tut sich gerade bei Facebook?
Für die heutige Elterngeneration gehört die digitale Welt zu ihrem Lebensalltag – und ihre Kinder müssen erfahren, dass sie und ihre Erlebnisse häufig nicht so spannend sind wie die neuesten Tweets und Nachrichten.
„Die meisten jungen Eltern wissen gar nicht, was sie ihrem Kind damit antun“, berichtet Uta Causin Rück von der Lebenshilfe Sylt. In Kooperation mit Eileen Jappsen vom Familienzentrum Sylt wünscht sie sich, Väter und Mütter mehr für den Umgang mit dem Handy zu sensibilisieren, wenn sie mit ihrem Kind zusammen sind. Gemeinsam haben die Institutionen deshalb die Plakataktion „Heute schon mit ihrem Kind gesprochen?“ auf die Insel geholt, die Lebenshilfe auch nach Föhr und Amrum. In Kitas, Kindergärten, öffentlichen Einrichtungen und bei Ärzten weisen die Plakatmotive, die Eltern mit dem Smartphone in der Hand und einem leer und traurig blickenden Kind zeigen, auf die alltägliche und bedenkliche Situation hin. „Für uns sind die Bilder eine Möglichkeit, mit den Eltern darüber ins Gespräch zu kommen“, erklärt Eileen Jappsen, „wir wollen nicht von oben herab belehren. Wir wollen den Eltern aber aufzeigen, was das mit ihrem Kind macht.“
Die Konsequenzen für Kinder sind nicht unerheblich, wenn das Handy mehr Aufmerksamkeit der Eltern in Anspruch nimmt als ihre Kinder. „Am wichtigsten für kleine Kinder sind feste Bindungen und der Erwerb der Sprachkompetenz. Wenn Mama und Papa zwar körperlich da, aber nicht ansprechbar sind, verunsichert das die Kinder. Und wenn sie nicht erzählen können, weil die Eltern am Handy sind und nicht zuhören, mindert das ihre Sprachentwicklung und damit ihren weiteren Bildungsweg“, erläutert Uta Causin Rück. Die Plakate hängen bereits bundesweit in vielen Orten und Städten. Die Kita in Ahrensbök ist sogar noch einen Schritt weitergegangen. Dort haben die Kinder Buttons gebastelt auf denen steht „Hör mir zu!“ oder „Sprich mit mir!“. Auf die können sie zeigen, wenn das Handy den Kampf um die Aufmerksamkeit von Mama und Papa wieder einmal gewonnen hat.
Auch auf der Insel scheinen die Plakate zu einem ersten Umdenken zu führen. Eine Mutter fotografierte das Plakat spontan mit den Worten „Das schicke ich mal meinem Mann“ – vielleicht denkt er dann über sein Verhalten als „Handypapa“ einmal nach.